« Wie können Eltern helfen? »
Stressige Phasen kennt jeder Mensch in allen Lebensabschnitten. Bis zu einem gewissen Grad beflügelt uns Stress sogar, weil die daraus folgenden Körperreaktionen uns besonders aufmerksam und leistungsfähig machen. Andauernder oder überfordernder Stress ist jedoch sowohl für die körperliche als auch psychische Gesundheit extrem schädlich. Wenn Kinder also lange Zeit an Schulstress leiden, dann sollten Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Aber wie lässt sich Stress in der Schule erkennen? Und was hilft tatsächlich bei Prüfungsstress und anderem? Erfahren Sie mehr.
Was ist Stress?
Zunächst einmal ist Stress eine ganz normale körperliche Reaktion, die uns Menschen in früheren Zeiten das Überleben gesichert hat. In gefährlichen Situationen reagiert unser Körper blitzschnell: In den Nebennieren wird das Hormon Adrenalin gebildet und freigesetzt, welches Herzrate, Blutdruck und Blutzucker stark erhöht. In der Folge schlägt unser Herz schneller, die Bronchien weiten und die Muskeln spannen sich. Wir erleben eine Art Tunnelblick, in dem weitere Reize nicht mehr wahrgenommen werden. Diese Reaktion versetzt uns in die Lage, uns entweder der Gefahr zu stellen, zu kämpfen oder zu fliehen. Deshalb bezeichnen Psychologen die typische Stressreaktion auch als „Fight oder Flight-Reaktion“ – Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Daher ist ein gewisses Maß an Schulstress auch erst mal nicht besorgniserregend.
Positiver vs. negativer Stress
Nun ist das grundsätzlich nichts Schlechtes, denn nur so können wir auch heute noch schnell und ohne überlegen zu müssen adäquat auf Gefahrensituationen reagieren. Zudem würde ein gänzlich stressfreies Leben keine Herausforderungen an uns richten: Es gäbe keine Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt, keine neuen Bereiche, die man sich aneignet und keine Gründe, unseren Verstand zu schärfen oder unsere Fähigkeiten zu verbessern. In Studien konnte auch nachgewiesen werden, dass bestimmte Stressoren bzw. Stressauslöser sogar positive Effekte auf Psyche und Gesundheit haben – etwa, wenn wir einen Wettkampf gewinnen oder, bezogen auf Schulstress, eine Prüfung mit gutem Ergebnis bestehen.
Andererseits liegt es auf der Hand, dass die aufgeführten körperlichen Auswirkungen auf Dauer nicht gesund sein können. Deshalb unterscheiden Psychologen zwischen Distress, mit dem Beanspruchungen und Belastungen gemeint sind, von denen Menschen negativ beeinflusst werden, und Eustress, der positive Änderungen im Leben hervorrufen kann.
Ursachen von Schulstress
Schulstress, sofern er von temporärer Natur ist, gehört also zum Schulalltag. Allerdings erleben viele Schulkinder dauerhaften Stress in der Schule, der sich in körperlichen wie psychischen Symptomen zeigt und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden der betroffenen Kinder stark beeinträchtigt. Häufige Ursachen für eine schulische Überforderung bei Kindern lassen sich in zwei Typen einordnen: Sozialstress resultiert vor allem aus Konflikten mit Mitschülern oder der Familie sowie aus Mobbingerfahrungen. Leistungsstress wiederum hat seine Ursachen in
- Überforderung (z. B. stoffliche Überforderung durch falsche Schulart)
- Überreizung (z. B. durch Lärm)
- einem zu hohen Arbeitspensum (z. B. übermäßig viele Hausaufgaben)
- hohem Leistungsdruck seitens der Eltern (z. B. an gute Noten und hohen Schulabschluss)
- Angst vor Lehrern / Lehrerinnen oder bestimmten Fächern (z. B. Matheangst)
- Versetzungsgefährdung
- Prüfungsangst
All diese Gründe führen zu einem dauerhaft erhöhten Stresslevel und den damit verbundenen körperlichen wie seelischen Auswirkungen. Daher ist diese Art von Schulstress nicht als positiv anzusehen, sondern sollten schnellstmöglich und nachhaltig reduziert werden.
Die Symptome von Stress
Nun nimmt jedes Kind Schulstress anders wahr. Was den einen Jungen oder das eine Mädchen bereits extrem gestresst sein lässt, ermöglicht einem anderen das Hinauswachsen über sich selbst. Schulkinder sind – wie jeder andere Mensch auch – höchst individuell, was sich natürlich auch auf ihre Stressresistenz auswirkt. Anders ausgedrückt: Manche Kinder sind robust und andere sensibler. Daher kann man nicht genau sagen, wieviel Schulstress denn nun wirklich zu viel ist. Umso wichtiger ist es, dass Eltern mit ihren Kindern im vertrauten Gespräch bleiben und diese genau im Blick behalten. So lassen sich stresstypische Symptome schnell erkennen und behandeln, damit dauerhaft negative Auswirkungen sich gar nicht erst manifestieren können.
Übermäßiger Schulstress zeigt sich in sowohl körperlichen als auch psychischen Symptomen. So sollten Sie bei diesen Anzeichen aufmerksam werden:
- häufige Bauch- und / oder Kopfschmerzen ohne organische Ursache
- Magen-Darm-Probleme, z. B. häufiger Durchfall ohne erkennbare Ursachen
- Appetitlosigkeit (bei manchen Kindern auch mit übermäßigem Essen das Gegenteil)
- Schlafstörungen
- Angst und Nervosität
- aggressives Verhalten (vor allem, wenn das betroffene Schulkind diesbezüglich vorher unauffällig war!)
- Antriebslosigkeit, keine Lust zu irgendwelchen – auch schönen – Aktivitäten
- Traurigkeit und pessimistische Sichtweise
- geringes Selbstwertgefühl
Klagt Ihre Tochter oder Ihr Sohn des Öfteren darüber, dass sie oder er es dem Lehrer sowieso nicht recht machen könne? Dass sie oder er zu dumm für Mathe (oder ein anderes Fach) sei? Lässt Ihr Nachwuchs – meist betrifft dieses Verhalten Jungs – seine Wut und Ohnmacht an Mitschülern aus, weil er sich nicht anders zu helfen weiß? Will Ihr Kind nicht mehr in die Schule gehen und hat möglicherweise auch keine Lust mehr auf seine Hobbys? Dann sollten Sie schnellstens das Gespräch mit Ihrem Liebling und der Klassenleitung suchen und Gegenmaßnahmen ergreifen.
Schulstress – Was tun? So lässt sich Stress bei Kindern abbauen
Zunächst einmal gilt es, die Ursache für den krankhaften Schulstress zu suchen. Ist Ihr Nachwuchs etwa aufgrund von sozialen Problemen in der Schule gestresst, beispielsweise durch Mobbing, so sollten Sie auf jeden Fall die Schule in die Pflicht nehmen und nicht lockerlassen. Die Schule hat eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Schülern und Schülerinnen und muss energisch gegen Mobbing vorgehen. Lassen Sie sich als Eltern auf keinen Fall von Lehrkräften mit Sprüchen wie „Das müssen die Kinder unter sich klären“ etc. abwimmeln! Bei Streitigkeiten zwischen Schulkindern kann manchmal auch ein vermittelndes Gespräch, beispielsweise mit der Klassenleitung oder der Schulsozialarbeiterin, hilfreich sein.
Bei leistungsbezogenem Schulstress, etwa in Phasen mit vielen Schulaufgaben und Prüfungen, helfen dagegen die folgenden Strategien:
Für einen geregelten Tagesablauf sorgen
Regelmäßigkeit schafft Verbindlichkeit, sorgt für Ordnung und Ruhe und reduziert somit Schulstress. Planen Sie zusammen mit Ihrem Nachwuchs den Tag und vergessen Sie dabei nicht, ausreichend Zeit für Spiel und Spaß zu lassen. Lassen Sie Ihr Kind jeden Tag im immer gleichen Zeitfenster Hausaufgaben und sonstige Schulaufgaben (z. B. Lernen für Tests und Prüfungen) erledigen, um etwas Routine einzubringen.
Ausgleich und Entspannung sind wichtig
Stress bei Kindern abbauen gelingt auch durch Sport oder ein anderes Hobby sowie durch Entspannung. Hierbei lindern nicht nur Entspannungsübungen den Stress bei Kindern, sondern auch das schlichte nachmittägliche Nichtstun. Schulkinder müssen nicht rund um die Uhr produktiv sein und in ihrer Freizeit von einem Termin zum anderen hetzen: Dies kann ebenso schädlich sein wie der Stress in der Schule. Planen Sie daher auch bei Prüfungsstress stets ausreichend freie, unverplante Zeit ein.
Ausreichend Schlaf und gesunde Ernährung unterstützen Regeneration
Es klingt wie eine Binsenweisheit, gehört aber zu den wichtigsten Tipps gegen Schulstress: ausreichend Schlaf und eine gesunde, an Vitaminen und Mineralstoffen gesunde Ernährung. Sofern Ihr Schulkind unter Schlafstörungen leidet, können Entspannungstechniken (z. B. Autogenes Training) helfen.
Ordnung halten
Ordnung ist das halbe Leben, dieser alte Spruch bewahrheitet sich immer wieder. Schulstress lässt sich durch Ordnung insofern lindern, dass Ihre Tochter oder Ihr Sohn stets alle benötigten Schulsachen griff- und einsatzbereit haben. Das ist vor allem bei Prüfungen wichtig: Wer wäre schließlich nicht gestresst, wenn wichtige Unterlagen nicht mehr auffindbar sind? Zum Halten von Ordnung gehört übrigens auch, das Hausaufgabenheft bzw. den Planer zu benutzen, Termine und Aufgaben zu notieren und regelmäßig hineinzuschauen. Zeigen Sie Ihrem Liebling am besten, wie er seinen Schulranzen packen kann und richten Sie gemeinsam auf dem Schreibtisch ein Ordnungssystem für das Schulzubehör ein.
Handlungsempfehlungen: Was Eltern tun und lieber nicht tun sollten
- Vermeiden Sie überzogene Leistungsansprüche und damit einhergehende Überforderung bei Ihren Kindern. Nicht jeder Schüler bzw. jede Schülerin muss Abitur machen. Und auch nicht jeder muss ein sehr guter Schüler sein!
- Schimpfen Sie nicht bei schlechten Noten, sondern trösten Sie Ihren Nachwuchs lieber und zeigen Sie ihm Auswege – beispielsweise durch gezielte Nachhilfe oder regelmäßiges, strukturiertes Lernen.
- Gelegentliche schlechte Noten sind kein Weltuntergang.
- Bestärken Sie Ihren Nachwuchs in seinen persönlichen Interessen und fördern Sie diese. Das stärkt die Selbstwirksamkeit und damit das Selbstbewusstsein und nimmt auch etwas Schulstress heraus..
- Hören Sie zu und nehmen Sie das Gesagte ernst!
- Holen Sie sich gegebenenfalls externe Hilfe, etwa von der Schulsozialarbeiterin, bei einer Erziehungsberatungsstelle oder einem Psychologen / einer Psychologin. Halten Sie stets Kontakt zur Klassenleitung sowie zur Schule.